Zweiundzwanzigstes Kapitel.
Flammenzeichen.
In jenem, an Spannungen reichen Anfänge der achtziger Jahre erschien in der „Vossischen Zeitung“ ein Inserat: „Achtbare jüdische Herren werden gebeten, sich zwecks Anschlusses an eine ethisch-gesellige Vereinigung zu melden.“
Der Aufruf ging von ein paar schlichten Männern ohne Rang und Titel aus. Sie hatten bis dahin den großen interkonfessionellen Vereinigungen angehört, die in ihren Reihen die Entfaltung edlen Menschentums erstrebten. Angesichts der zunehmenden judenfedndlichen Bewegung zogen sich jüdische Männer von diesen Bünden zurück. Vielleicht — dachten sie — ist es möglich, auch jüdische Kreise für einen Zusammenschluß von Männern zwecks Pflege ähnlicher Ideale zu gewinnen —? In Amerika
hatte im Jahre 1842 der Hamburger Maschinenbauer Henry Jones den von jeder politischen und religiösen Richtung „Unabhängigen Orden B’nai B’rith“ gegründet. Mit dieser Zentralstelle setzten sich die Herren zwecks Schaffung einer Arbeitsstätte auf deutschem Boden in Verbindung. Nach langwierigen Verhandlungen konnte am 20. März 1882 die „Deutsche Reichsloge“ in Berlin installiert werden.
Diese Logengründung — es folgten bald noch mehrere andere — erwies sich für Berlin als eine Notwendigkeit. Obwohl sich der Orden B’nai B’rith um die politische oder
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