meinde ihre „Joseph Lehmann-Schule“, die ihre Schülerzahl nach dem ersten Jahre ihres Bestehens bereits verdreifachte.
Eine gewisse Entlastung bedeuteten für die Gemeinde die Kleinarbeit der Privatgemeinden, und namentlich der Synagogenvereine, die nach dem Weltkriege zwecks Zusammenschlusses der Synagogenbesucher in den einzelnen Stadtbezirken entstanden. Diese Vereine sorgten auch für die Erfassung sämtlicher schulpflichtiger jüdischer Kinder des Bezirks, um diese den Gemeinde-Religionsschulen zuzuführen. Die Jugend der Synagogenbezirke schloß sich zu besonderen Gruppen zusammen, um sich gemeinsam weiterzubilden, den Sabbat zu feiern („Oneg Schabbat“), Wanderungen zu unternehmen, Sport zu treiben, soweit die jüdischen Mannschaften nicht in eigenen Turn- und Sportvereinen ihre Kräfte stählten und übten. Spitzenleistungen jüdischer Sportler brachten das alte Schlagwort von der „verweichlichten jüdischen Rasse“ zum Schweigen.
Im Schoße der Synagogenvereine erwuchsen Wohlfahrtskommissionen, deren Leiter und Mitglieder — Männer und Frauen — die Armen und Verarmten des Bezirks betreuten. Dank der Opferwilligkeit wirtschaftlich besser gestellter Glaubensgenossen brauchte kein Berliner Jude zu hungern oder zu frieren. Erholungsbedürftigen wurden Badereisen, schwächlichen Kindern ein stärkender Aufenthalt im Gebirge und an der See ermöglicht. Seitdem die Inflation der Jahre 1920—1923 auch Tausende von Juden um ihr Vermögen brachte, sorgte eine „Kleiderkammer“ für Möbel und Kleidungsstücke.
Kein Aufruf der Berliner Gemeinde zu irgendeiner Wohltätigkeitsaktion, kein Ruf an den Einzelnen zur Mitarbeit verhallte ungehört.
Auf den ersten Blick erschien die Lage der deutschen Judenheit — vor allem der ein Drittel ihrer Seelenzahl darstellenden Berliner — kulturell und wirtschaftlich recht
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