„Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums“ erweiterte ihren Aufgabenkreis, indem sie allgemein-wissenschaftliche Fächer, vor allem Philosophie, Pädagogik und Geschichte (in stärkerem Ausmaße) in ihren Lehrplan aufnahm.
Eine Anzahl jüdischer Zeitschriften und Zeitungen kamen dem Drange nach jüdischem Wissen entgegen und befriedigten das Interesse an den Belangen der Judenheit in allen Ländern: neben dem „Gemeindeblatt“ die „Jüdische Rundschau“, das seit 1935 gleichfalls in Berlin beheimatete „Familienblatt“, die Zeitung des „Jüdischen Central-Ver- eins“ („C.-V.“), usw., alle unter der Mitarbeiterschaft namhafter Schriftsteller, die einst den Redaktionen großer Tageszeitungen angehörten. Erzeugnisse ihrer Feder, aber auch ältere jüdische Geistesschätze bringen jüdische Verleger in tadelloser Ausstattung auf den Büchermarkt.
Literatur und Kunst verlebendigt der „Jüdische Kulturbund“. Seine Theateraufführungen, Opern, Operetten, Konzerte und Kleinkunstabende bieten nicht nur geistige Erhebung und seelische Entspannung, sie geben auch den jüdischen Künstlern und Theaterangestellten Brot. Künstlerische und allgemein-bildende Vorträge halten vielfach den Zusammenhang mit der Kultur der Umwelt aufrecht. Seit seiner Begründung (Oktober 1933) erfreut sich der Kulturbund ungeminderter Beliebtheit.
Alle diese beglückenden Äußerungen jüdischen Lebenswillens überschattet die Sorge des Einzelnen um sein wirtschaftliches Wohl, vor allem der Blick in die Zukunft der Gemeinschaft. Durch Erlernung von Handwerken rüstet sich ihre Trägerin — die Jugend — zur Auswanderung. Keine Familie, von der nicht bereits Mitglieder im Auslande weilen: das „Volk des Buches“ ist zugleich ein „Volk des Briefes“ geworden.
Wie haben sich die Zeiten geändert! Seit Jahrhunderten haben die Führer der Judenheit die Zuführung der Jugend
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