I.
Am 17. Kislew des Jahres 5517 (1757) feierte zu Loßna, einem Ort in Westrußland, die Chewro Kaddischo (die heilige Genossenschaft) ihr alljährliches Stiftungsfest. Diese Genossenschaft hatte die Fürsorge für Kranke, Sterbende und die Bestattung der Toten zum Zweck, wie dies in allen jüdischen Gemeindeu der Fall ist. Es war nicht leicht, die Mitgliedschaft zu erlangen. Die Bewerber mußten außer einem unbescholtenen Ruf und anerkannter Thorakunde sich auch eines gewissen Wohlstandes erfreuen, da der Eintritt teuer bezahlt werden mußte. Dadurch umfaßte die Chewro die Angesehensten der ganzen Gemeinde. Wer diese Männer, die Tag für Tag dem Tode ins Auge zu schauen gewohnt waren, an die der Ernst des Lebens täglich, nächtlich, stündlich herantrat, ja, die nicht warteten, bis er hinantrat, sondern ihn bei Arm und Reich, bei Klein und Groß mit seltener Hingebung aufsuchten, wer diese Männer heute Abend bei ihrem Stiftungsfeste sah, der hätte sie nicht wieder erkannt. Eine Helle Freude schien über sie ausgegossen zu sein, wie sie da mit Eintritt der Nacht an drei langen Tafeln sich niederlteßen, nachdem sie den Tag fastend verbracht hatten. An der Spitze saßen die Vor-
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