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nie die Ehre, mit einem seiner Mitglieder persönlich zu verkehren."
„Sehen Sie mich doch einmal recht genau an und suchen Sie ein wenig in Ihren Erinnerungen."
„Ich kann Ew. Wohlgeboren nur wiederholen, daß Hochdteselben mir gänzlich unbekannt sind."
Die Unterhaltung war bisher in russischer Sprache geführt worden. Plötzlich begann der Graf in jüdischem Jargon:
„Reb Mordche, Ihr kennt mich take (wirklich) nit?"
Der Angeredete erbleichte. Wenn der hohe Militär ein Jude war, so mußte er getauft sein, denn sonst wäre es nicht möglich, daß er einen so hohen militärischen Rang bekleidete. Er trat unwillkürlich einen Schritt zurück und gab sich gar keine Mühe, das peinliche Gefühl zu unterdrücken, das die Anwesenheit eines Abtrünnigen bei ihm hervorgerufen hatte. Sein Partner war Menschenkenner genug, um die Situation vollständig zu erfassen und fuhr fort:
„Ein Meschumed (Abtrünniger) bin ich nicht, aber ich bin auch kein Graf und kein Offizier. Ich bin nur in dieser Vermummung vor Euch hingetreten, um mich zu überzeugen, ob man mich darin erkennt oder nicht. Wenn ein treuer alter Freund, wie Ihr es seid, mich nicht mehr. kennt, dann kann ich mich ruhig in diesem Anzug nach Wilna wagen, wo ich dringend zu tun habe."