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und -er ungeheuren Entfernung nicht denkbar. Er beschloß, die wärmere Jahreszeit abzuwarten und schickte seinen Sohn nach dem nicht sehr entfernten Krementschuk, um dort eine Wohnung zu mieten.
Aber die fortwährenden körperlichen und seelischen Aufregungen hatten dem greisen Dulder schwerer zugesetzt als er sich selbst zugestehen wollte. Jetzt, wo er den Feind geschlagen und sich selbst mit den Seinen in Sicherheit wußte, jetzt erst machte seine so widerstandsfähige Natur, die so lange allen Unbilden des Kriegs, des Klimas und der Flucht getrotzt hatte, ihre Rechte geltend. Der Raw verfiel in eine schwere Krankheit, von der er sich nicht mehr erholen sollte.
XXIX.
Wunderbar wie sein Leben, war auch der Tod des Raw. In den fünf Tagen seiner Krankheit standen die Lippen nicht still. Unablässig, Tag und Nacht, mitten in den Beschwerden seiner Krankheit, wiederholte er aus dem Gedächtnis sein ganzes Thorawissen. Zwei Tage vor seinem Tod rief er seinen Enkel Rabbi Mendel — Verfasser des Werkes Zemach Zedek — ans Bett und fragte ihn, ob er den Balken an der Zimmerdecke sehe. Betroffen über diese eigentümliche Frage blickte der Gefragte dem Großvater schweigend in die leuchtenden Augen, worauf dieser fortfuhr-.
„Ich sehe ihn nicht mehr, ich schaue über-
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