Der populäre Dualismus.
naiven Auffassung so unvermeidlich zu sein, wie die, dass die Sonne sich bewege, die Erde stille stehe. Offenbar entsteht sie zuerst durch den Anblick des Todes: Dem Todten fehlt etwas, obwohl er sonst ganz dem Lebenden gleicht, das ist die Seele. Alle Sprachen sind spiritualistisch, und am schroffesten hat sich der Spiritualismus in den abendländischen Religionen ausgeprägt. Ist die Seele etwas, das erst mit dem Leibe in Verbindung gebracht worden ist und von ihm wieder getrennt werden kann, so sind offenbar auch ihre Krankheiten eine Sache für sich. Nicht der Arzt des Leibes versteht sich am besten auf die Seelenkrankheiten, sondern Der, der überhaupt am meisten von der Seele weiss, d. h. je nach der Auffassung der Theolog oder der Philosoph. Ebenso wie in der Pathologie dieselben Grundsätze herrschen wie in der Physiologie, so muss dann auch die Psychiatrie auf der Psychologie fussen, und die seelischen Krankheiten müssen psychologisch verstanden und behandelt werden. Diese Auffassung wurde bekanntlich im Mittelalter folgerichtig durchgeführt, aber sie ist auch heute noch nicht verschwunden, wie aus der PastoralPsychiatrie zu ersehen ist. Eigentlich müsste bei der allgemeinen Anerkennung, die auch heute noch die spiritualistische Ansicht geniesst, die Pastoral-Psychiatrie viel mehr Anhänger haben, als sie hat. Die Bedürfnisse der Praxis jedoch sind stärker als alle Theorieen, sie haben die Geisteskranken den Aerzten zugeführt, und die ärztliche Psychiatrie hat sich zwar langsam, aber doch fortschreitend und über spiritualistische An