Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1903) Goethe ; Theil 1
Entstehung
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rm Nothwendigkeit der idealistischen Auffassung.

dass nur eine idealistische Auffassung oder richtiger die Beschränkung auf die wirkliche Erfahrung vor Widersprüchen schützt. Unser Bewusstsein zerfällt in das Bewusstsein unser selbst und das Bewusstsein anderer Dinge. Was für uns Gefühl, Gedanke, kurz Seele ist, das ist für Andere ein Bewegen in Nerven­zellen und Fasern, und was uns als Gehirn erscheint, das ist dem Besitzer des Gehirns Seele. Soweit un­sere Beobachtung reicht, geht neben jedem seelischen Vorgange ein körperlicher oder materieller her. Es ist aber eine Forderung der Vernunft, diesen psycho­physischen Parallelismus als einen stetigen, durch die ganze Welt gehenden zu denken und in beiden Reihen nur verschiedene Seiten desselben Vorganges zu er­kennen. Körperliches und Geistiges sind dasselbe, nur der Standpunct ist verschieden. Leib und Ich sind Eins, doch fällt in das Bewusstsein unser selbst nur ein kleiner Theil des Ich. Der grössere gehört für uns zu dem uns Unbewussten oder, sofern er in das Bewusstsein von anderen Dingen eintritt, zum Materiellen. Der Influxus physicus wird zu einem Hinüber- und Herübergreifen aus dem Bewussten in das Unbewusste, aus dem Unbewussten in das Be­wusste, Geisteskrankheiten sind Krankheiten, bei denen nicht nur die unbewussten Functionen des Ich, wie bei den sogenannten körperlichen Krankheiten, gestört sind, sondern auch die bewussten. Oder, da doch auch bei den körperlichen Krankheiten durch Schmerz, Verstimmung u. s. w. das Bewusstsein be­theiligt zu sein pflegt, müssen bei Geisteskrankheiten