Goethes richtige Grundeinsicht.
auch nicht sagen kann, er sei ein Spinozist gewesen, so gewann er doch aus Spinoza die philosophische Grundwahrheit, die Haupterkenntniss, die den philosophisch Gebildeten vom Haufen trennt. Am 8. April 1812 schreibt er an Knebel:„Wem es nicht zu Kopfe will, dass Geist und Materie, Seele und Körper, Gedanke und Ausdehnung, oder(wie ein neuerer Franzos*) sich genialisch ausdrückt) Wille und Bewegung die nothwendigsten Doppelingredienzen des Universums waren, sind und seyn werden, die beyde gleiche Rechte für sich fordern und deswegen beyde zusammen wohl als Stellvertreter Gottes angesehen werden können— wer zu dieser Vorstellung sich nicht erheben kann, der hätte das Denken längst aufgeben, und auf gemeinen Weltklatsch seine Tage verwenden sollen.“ Auch später beschäftigte er sich mit Philosophie, er mühte sich z. B. mit Kant ab, verkehrte mit Fichte, Schelling, Hegel, studirte ihre Sachen zum Theil, er las Schopenhauers Hauptwerk, aber sein Geist lehnte das ihm Fremde ab. Frühzeitig wurde ihm klar, dass„wir nichts wissen können“. Das aber, was wir nur durch Vermuthungen von fern erreichen können, in Systeme einzufangen, über das Unerforschliche Dogmata aufzustellen, solches Thun widerstrebte seinem Zartgefühle. Mit Ehrfurcht und mit zarter Scheu wollte er von dem Metaphysischen geredet wissen, die Metaphysik der dogmatischen Philosophen musste ihn schamlos dünken. In diesem Sinne scheint er auch
*)[Breguet.]