Goethes Abneigung gegen Tollhäuser.
Antwort durch eine Aeusserung Goethes gegen Eckermann(Soret) gegeben zu werden. Er sagt:„Die Welt ist so voller Schwachköpfe und Narren, dass man nicht nöthig hat, sie im Tollhause zu suchen.“ Er fügte hinzu:„Hierbei fällt mir ein, dass der verstorbene Grossherzog, der meinen Widerwillen gegen Tollhäuser kannte, mich durch List und Ueberraschung einst in ein solches einführen wollte. Ich roch aber den Braten noch zeitig genug und sagte ihm, dass ich keineswegs ein Bedürfniss verspüre, auch diejenigen Narren zu sehen, die man einsperre, vielmehr schon an denen vollkommen genug habe, die frei umhergehen. Ich bin bereit, sagte ich, Ew. Hoheit, wenn es sein muss in die Hölle zu folgen, aber nur nicht in die Tollhäuser.“*)
Also Goethe hat seine Kenntnisse durch Beobachtung der Gesellschaft, nicht durch den Besuch von Irrenanstalten erworben. Wir dürfen wahrscheinlich hinzufügen: auch nicht durch das Lesen psychiatrischer Werke oder den mündlichen Unterricht psychiatrisch gebildeter Aerzte.
Es ist nicht so, dass Goethe nie ein Irrenhaus besucht hätte. Unter dem 5. Juli 1781 heisst es in einem Briefe an Ch. v. Stein:[Der Herzog und ich] „haben im Zucht- und Tollhaus merkwürdige Gestalten
*) Die Scene könnte am 14. Mai 1816 stattgefunden haben. Da heisst es im Tagebuche:„Serenissimus besuchten das neue Krankenhaus“. Ferner ist am 27. Sept. 1821 notirt:„Kamen Serenissimus im Garten Kaffee zu trinken. In die Veterinäranstalt, Ins neue Krankenhaus.“