obachtung des täglichen Lebens und aus gelegentlichen Gesprächen, gelegentlicher Lectüre ableiten. Auch dann, wenn wir den Begriff des krankhaften Geisteszustandes nicht im weiten Sinne fassen(wobei denn ein grosser Theil der Bekannten Goethes mitgefasst würde,*) sondern in üblicher Weise nur an gröbere Störungen denken, hat das Leben Goethen oft mit Geisteskranken in Berührung gebracht. Zuerst im väterlichen Hause.„Ein junger Mann von vielen Fähigkeiten, der aber durch Anstrengung und Dünkel blödsinnig geworden war, wohnte als Mündel in meines Vaters Hause.“ Es war der Rechtscandidat Clauer. Er war sehr ruhig, schrieb am liebsten, copirend oder auf Dictat. Er scheint das Vorbild des jungen Wahnsinnigen in Werthers Leiden zu sein.**) Lenz
*) Erinnert sei an Behrisch, an die Schwester Cornelie, an die Pietisten in Frankfurt, an Jung, an Herder, an den Ludwigsritter in Strassburg, an Lavater und Basedow, an die Stolberge, an Kauffmann, an die überspannten Frauenzimmer in Darmstadt, bes. Frl. von Ziegler, an Leuchsenring, an die Familie Brentano, um nur einige Gestalten mit pathologischen Zügen aus der Jugendzeit zu nennen. Im Jahre 1796 lernte Goethe auch„Hölterlein‘“ kennen.
*) Vgl.„Festschrift zu Goethes 150. Geburtstagsfeier, dargebracht vom Freien Deutschen Hochstift. Frankfurt a. M. 18909.“
Die Familien Goethe und Bethmann von Dr, Heinrich Pellmann. p. 52. Am 11.4. 1750 hatte die Witwe des Archivar Dr. jur. David. Clauer‘(T 25. 12. 1735) den Rath GO. zum Vormunde ihres in Göttingen studirenden Sohnes eingesetzt. Ihre Schwester war Frau Bethmann. Der junge David Cl., geb. 10.4. 1732, gest. 22. 7. 1796, wird im Bethmann-Archiv und in der Todesanzeige als Dr. jur. bezeichnet.
„Goethe und seine Vaterstadt“ von Dr. O. Heuer. p. 256. Brief des Rath Goethe an einen Arzt in Frankfurt vom