Werthers Leiden.
Und dann schweife ich umher in den furchtbaren nächtlichen Scenen dieser menschenfeindlichen Jahreszeit.“ Besonders mit dem„unbekannten Toben“ hat Goethe offenbar die Krankhaftigkeit des Zustandes zeichnen wollen. Der Gedanke an Orest taucht auf. Die Hauptsache ist der Selbstmord. Die Selbstmordfrage ist der Mittelpunkt des ganzen Buches. Sehr richtig setzt Werther auseinander, dass ein je nach der Natur des Menschen verschiedenes Maass von Leiden ihn zum Selbstmorde treibt.„Hier ist also nicht die Frage, ob einer schwach oder stark ist? sondern ob er das Maass seines Leidens ausdauern kann?“ Das Maass ist proportional der Gesundheit; eben dass ein junger Mann wegen getäuschter Liebeshoffnung sich tödtet, thut dar, dass er abnorm wenig leidensfähig ist, dass er krankhaft ist. Napoleon hat bekanntlich getadelt, dass(in der ersten Ausgabe) bei Werther ausser der Liebe der getäuschte Ehrgeiz eine Rolle spiele. Es kommt aber ausserdem eine pessimistische VerzweifJung dazu, die auch ohne Liebe und Ehrgeiz bei jungen Leuten auftreten kann. Goethe selbst hat das Taedium vitae als den Kern der Sache angesehen. Er schreibt z. B. an Zelter(26. 3. 1816):„Vor einigen Tagen kam mir zufälligerweise die erste Ausgabe meines Werthers in die Hände und dieses bey mir längst verschollene Lied fing wieder an zu klingen. Da begreift man denn nun nicht, wie es ein Mensch noch 40 Jahre in einer Welt hat aushalten können, die ihm in früher Jugend schon so absurd vorkam.“ Goethe schildert sehr schön, wie das Glück im Mitgefühle alles Lebens