Werthers Leiden.
zu Lotte gefasst habe, die ihn rasend gemacht hatte, und deretwegen er aus dem Dienste geschickt worden war. Der Dichter macht sozusagen den Hebephrenischen für seine Zwecke dadurch brauchbar, dass er ihn aus unglücklicher Liebe und gekränktem Ehrgeize krank sein und somit Werthers Spiegelbild bilden lässt.
Werther trifft den Kranken auf einem Spaziergange am 30. November. Dieser sucht Blumen.„Was will er denn mit den Blumen? Ein wunderbar zuckendes Lächeln verzog sein Gesicht. Wenn er mich nicht verrathen will, sagte er, indem er den Finger auf den Mund drückte, ich habe meinem Schatz einen Strauss versprochen. Das ist brav, sagte ich. O! sagte er, sie hat viel andere Sachen, sie ist reich. Und doch hat sie seinen Strauss lieb, versetzte ich. O! fuhr er fort, sie hat Juwelen und eine Krone. Wie heisst sie denn? Wenn mich die Generalstaaten bezahlen wollten, versetzte er, ich wär’ ein anderer Mensch! Ja es war einmal eine Zeit, da es mir so wohl war! Jetzt ist es aus mit mir. Ich bin nun— Ein nasser Blick zum Himmel drückte alles aus. Er war also glücklich? fragte ich. Ach! ich wollte ich wäre wieder so! sagte er. Da war es mir so wohl, so lustig, so leicht, wie ein Fisch im Wasser!“ Nun kommt die Mutter dazu, die ihren kranken Sohn sucht.„So stille, sagte sie, ist er nun ein halbes Jahr. Gott sei Dank, dass er nur so weit ist; vorher war er ein ganzes Jahr rasend, da hat er an Ketten im Tollhause gelegen. Jetzt thut er niemand nichts; nur hat er immer mit Königen und