Das Stück ist symbolisch zu verstehen.
Auffassung sogar mit Goethes Darstellung. Begreiflicherweise aber sind solche Erwägungen müssig, da es Goethe nicht um die Darstellung naturgetreuer Krankheitbilder zu thun war, er den Wahnsinn, über den er dachte und schrieb, wie es damals unter Gebildeten üblich war, nur als Bild und Gleichniss verwandte. Was er eigentlich sagen wollte, das ist wohl in den schönen Versen des magischen Arztes(s. unten) ausgedrückt.
Dass Goethe für seine Geisteskranke den Namen Lila wählte, das hängt wohl damit zusammen, dass das überspannte Fräulein von Ziegler in Darmstadt Lila genannt wurde.„Die Empfindsamste der Empfindsamen war Lila. Sie hatte ihr Grab und einen Thron in ihrem Garten, ihre Lauben und Rosen und ein Schäfchen, das mit ihr ass und trank. Sie verehrte knieend ihre Freunde und den Mond und feierte Festund Fast-Tage bei der Ankunft und dem Abschied ihrer Freunde.“
Der Inhalt des Stückes ist folgender. Der Baron Sternthal ist seit Monaten von Hause abwesend. Seine Frau Lila, die„immer mit ihren Gedanken zu wenig an der Erde war,“„bei Abwesenheit ihres Mannes immer in Sorgen war,“*) erhält einen Brief, der ihr meldet, der Baron sei blessirt:„Da war nun gar kein Auskommen mehr mit ihr.“ Sie wollte bald reisen, bald nicht, schrieb fortwährend Briefe, erwartete mit
*) Sie scheint eine Ausnahme in der Familie zu sein, denn diese„schwebte in einem ewig freudigen Leben von Tanz, Gesang, Festen und Ergötzungen“.