Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1903) Goethe ; Theil 1
Entstehung
Seite
76
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Iphigenie.

Sie horchen auf, es schaut ihr hohler Blick

Mit der Begier des Adlers um sich her.

Sie rühren sich in ihren schwarzen Höhlen, Und aus den Winkeln schleichen ihre Gefährten, Der Zweifel und die Reue leis herbei

Vor ihnen steigt ein Dampf vom Acheron;

In seinen Wolkenkreisen wälzet sich

Die ewige Betrachtung des Geschehnen Verwirrend um des Schuldgen Haupt umher.

Den Flüchtigen verfolgt ihr schneller Fuss; Sie geben nur, um neu zu schrecken, Rast.

Im heiligen Haine, wo die Schwester weilt, fühlt sich Orest erleichtert, er meint, die Furien dürften mit denehrnen frechen Füssen des heilgen Waldes Boden nicht betreten, er glaubt ihr grässliches Gelächter

nur aus der Ferne zu hören. Als er jedoch erfährt, dass die Priesterin, die ihn opfern soll, seine Schwester Iphigenie ist, glaubt er den Hohn der Götter zu er­kennen, geräth in die heftigste Aufregung, ruft den Geist der Mutter und die Furien an undsinkt in Er­mattung. Als er aus seiner Betäubung erwacht und sich aufrichtet, delirirt er, wie etwa ein Hysterischer im Anschlusse an einen Krampfanfall es thun möchte. Er glaubt in der Unterwelt zu sein, seine grimmigen Vorfahren vereint und in friedlichem Verkehre zu er­blicken, er bittet in ihren Kreis aufgenommen zu werden. Als Pylades und Iphigenie dazu kommen, redet er sie zunächst im Sinne seines Delirium an, orientirt sich aber rasch, errast nicht mehr in der Finsterniss des Wahnsinns, wie sich Iphignie ausdrückt, fühlt viel­