auffassen müsse. Als Goethe den Tasso entwarf, dachte er sich seinen Helden als einen höchst leidenschaftlichen, reizbaren, phantastischen, seinen Stimmungen unterworfenen Menschen. Goethe sagte zu Eckermann:„Ich hatte das Leben Tassos, ich hatte mein eigenes Leben und indem ich zwei so wunderliche Figuren mit ihren Eigenheiten zusammenwarf, entstand mir das Bild des Tasso.“ Nach der italienischen Reise bestimmten die historischen Forschungen seinen„Wirklichkeit-Sinn“, im Bilde Tassos auch die ausgesprochen krankhaften Symptome des historischen Tasso zu zeichnen. Aus Serassi habe er, sagt Schröer, Einzelheiten entnommen, in denen, Tassos hypochondrische Grillen in der Dichtung gezeichnet sind. Das ist aber viel zu mild ausgedrückt. Es handelt sich eben nicht um hypochondrische Grillen, sondern um ausgebildeten Verfolgungswahn, und es ist unverkennbar, dass das Aesthetische durch das Historische geschädigt worden ist, wenn es auch nicht Jeder bemerken mag.
Der historische Tasso scheint von seiner Mutter die Anlage zur Geisteskrankheit geerbt zu haben. Er war 1544 geboren und hatte von Jugend an ein unruhiges und bedrängtes Leben, da sein Vater wegen der Inquisition fliehen musste und ihn mit sich führte. Seine Geisteskrankheit scheint um das 30. Lebensjahr begonnen zu haben. Er hatte ohne jeden Grund Furcht vor der Inquisition, war immer in Angst und ohne Ruhe. Dann traten Sinnestäuschungen auf, Tasso hörte Geräusche, als ob in seinem Ohre ein Uhrwerk wäre, dann Stimmen verschiedener Art, er glaubte in