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Wie Goethe zu seiner Darstellung kam.
Abscheulich dacht ich die Verschwörung mir,
Die unsichtbar und rastlos mich umspann;
Allein abscheulicher ist es geworden.—
Und du Sirene[die Prinzessin]! die du mich so zart, So himmlisch angelockt, ich sehe dich auf einmal... Wie lang verdeckte mir dein heilig Bild
Die Buhlerin[die Gräfin], die kleine Künste treibt..: Euch alle kenn ich! Sey mir das genug!“
Trotz dieses Ausbruches beruhigt sich Tasso nach einigen Minuten, besinnt sich darauf, dass ihm sein poetisches Talent geblieben sei, und klammert sich an den geschmähten Antonio an. Ereignete sich die Scene wirklich, so würde der Sachverständige an das Rohr im Winde nicht glauben, sondern mit Recht erneute Dissimulation vermuthen.
Dadurch, dass Goethe mit dem dem Serassi enthommenen Satze:„es ist Verschwörung und du bist das Haupt“ den Tasso als Paranoia- Kranken charakterisirt, beging er zweifellos einen Fehler. Jedoch darf man von Goethe nicht die Kenntnisse eines Irrenarztes verlangen. Er konnte nicht wissen, dass einer, der einmal so spricht,. wie er den Tasso sprechen lässt, ein unheilbar Verrückter ist. Ihm konnte der Ausbruch des Verfolgungswahnes als eine„hypochondrische Orille“ erscheinen, die vorübergeht und trotz der Tasso ein zwar erregter, aber in der Hauptsache gesunder Mensch bleibt. Er wollte Tasso nicht als einen UnZzurechnungsfähigen darstellen und er täuschte sich über die Bedeutung der von ihm verwertheten historischen Notizen. Ja, nicht nur vom Standpunkte des Laien aus, sondern auch von dem der Aerzte seiner