Der Sinn der Katastrophe bei Goethe.
Dass, wie Schöll will, Goethe den ausbrechenden Wahnsinn Tassos als Katastrophe betrachtet habe, kann ich durchaus nicht glauben. Es hiesse das, Tasso sei durch Aufregungen, die im Stücke geschildert werden, verrückt geworden und gebe ebendadurch dem Stücke einen tragischen Abschluss. Mir scheint das ganz und gar nicht dem Sinne Goethes zu entsprechen und durch die Schluss-Scene direct widerlegt zu werden. Damit wird auch Schölls ästhetisches Bedenken erledigt:„Die lebendige Schönheitsentfaltung schlägt in diesen hässlichen, die empfindlichste Sympathie in diesen antipathischen Zustand nieder, und der Aether der Poesie breitet sich um uns als die drückende Luft der Krankenstube, welche die Welt für Tasso bleibt.“ Ich sollte meinen, mit solchen Worten widerlegte Schöll seine eigene Auffassung.
Dass die Paranoia nicht„ausbrechen“, sondern höchstens plötzlich offenbar werden kann, will ich nicht besonders betonen, denn diesen Unterschied hätte Goethe kaum machen können. Dagegen ist noch das gegen Schöll einzuwenden, dass nach Goethes Auffassung die„Katastrophe“ in der Zerstörung des Verhältnisses zwischen Tasso und dem fürstlichen Hause bestehen dürfte. Durch seine Aufregungen richtet Tasso das angenehmste Verhältniss zu Grunde, nimmt sich den Boden, auf dem er zur schönsten Entwickelung gediehen war, macht sich freund- und heimathlos. Das ist doch für ein„Schauspiel“ Katastrophe genug. Was sich Goethe bei der Schlussscene gedacht hat, das weiss niemand. Ich glaube, dass er