Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1903) Goethe ; Theil 1
Entstehung
Seite
113
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Das periodische Irresein des Castellans.

der Angst in einen hypnotischen Zustand, sieht Le­gionen von Teufeln und versetzt durch seine auf­geregten Schilderungen auch die Anderen in Schrecken. Beim Heimwege sieht der Knabe noch zwei eigenthüm­liche Geister, die ihnen folgen.

Besonders bemerkenswerth ist die Schilderung des geisteskranken Castellans der Engelsburg. Der ältere Mann leidet an intermittirendem Irresein, er erkrankt jedes Jahr, hält sich dann für ein Thier, etwa einen Frosch, oder für einen Oelkrug, oder für todt. Er schwatzte dabei viel, und sein Benehmen entsprach seinen Wahnvorstellungen(Grillen). Er hüpfte wie ein Frosch, oder er wollte sich begraben lassen. Und so fort. In dem Jahre, als Cellini auf der Burg ge­fangen sass, hielt sich der Castellan für eine Fleder­maus,und wenn er so spazieren ging, zischte er manchmal leise, wie diese Geschöpfe, bewegte sich auch ein wenig mit den Händen und dem Körper, als wollte er fliegen. Er isst nicht und schläft nicht, manchmal sind seine Augen ganz falsch gerichtet, das eine blickt dahin, das andere dorthin. Als Cellini an­gekündigt hat, er werde entfliehen, ist der Castellan in der grössten Angst, er möchte wegfliegen. Schliess­lich sagt er: wenn der Gefangene wegflöge, möchten sie ihn nur gewähren lassen, er werde ihn schon ein­holen, denn er könne bei Nacht besser fliegen,Ben­venuto ist nur eine nachgemachte Fledermaus, ich aber bin es wahrhaftig. Kein Mensch denkt daran, der geisteskranke Castellan könne zur Erfüllung seiner ver­antwortungsvollen Amtspflichten untauglich sein. Als

Möbius, Werke Il.