Wahrheit und Dichtung.
Jakob Michael Reinhold Lenz wurde am 12. Januar 1751 als Sohn eines Geistlichen in Livland geboren. Ueber die Mutter und über Nervenkrankheiten in der Familie habe ich nichts erfahren. Der Knabe fing früh an, zu dichten, er war geistig frühreif, blieb aber„klein, schwächlich, nervös“. Im Jahre 1767 war er krank [woran?] und erholte sich dann bei seinem älteren Bruder. Jm Jahre 1768 zog er nach der Universität Königsberg. Im Jahre 1771 ging er als Begleiter der jungen Herren von Kleist nach Strassburg. Er wird in den folgenden Jahren geschildert als erregt und zu phantastischen Liebschaften geneigt. Nachdem er sich von den Kleists getrennt hatte, wurde er von Schulden gedrückt, und der Zorn seiner Familie über sein„nichtswürdiges Treiben“ wuchs. Im Jahre 1776 reiste er nach Weimar, wo er an Goethe eine feste Stütze zu finden hoffte. Er suchte sich als Vorleser des Herzogs nützlich zu machen, dichtete allerhand und machte, wie Wieland schrieb, alle Tage einen dummen Streich. Im Sommer zog er sich nach Berka zurück, brachte im September einige Wochen bei Frau von Stein in Kochberg zu, ging dann wieder nach Berka und machte endlich am 26. November die„Eseley“, wegen der er auf Goethes Betreiben aus Weimar verwiesen wurde, Karl Weinhold sagt:„Wer die Briefe liest, die Lenz schrieb, als er Strassburg verlassen wollte, erkennt ihn als geistig krank.“ Es kommt eben darauf an, was man unter geistig krank versteht. In hohem Grade pathologisch war Lenz immer, seine Abnormität steigerte sich in Zeiten der Erregung, sodass er dann auch dem