Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1903) Goethe ; Theil 1
Entstehung
Seite
117
Einzelbild herunterladen

Lenzens Geisteskrankheit.

Laien als überspannt erschien. Eine solche Zeit war die vor der Reise nach Weimar. Aber von Geistes­krankheit im gewöhnlichen Sinne des Wortes scheint mir weder vor noch bei dem Weimarischen Aufent­halte die Rede zu sein. Froitzheim, dessen Folge­rungen ich übrigens nicht beitreten möchte, druckt viele Briefe ab und schildert Lenzens Aufenthalt in Weimar sehr eingehend. Lenz erscheint danach als degenere superieur mit verminderter Zurechnungsfähig­keit, nicht als Geisteskranker im engeren Sinne des Wortes, Von Weimar aus ging Lenz nach Emmen­dingen zu Schlosser. Dort schrieb er noch eine längere Erzählung nieder, diezeigt, dass sich Lenz noch zu sammeln und ruhig zu denken vermochte. Vom April 1777 an wohnte er bei verschiedenen Bekannten in der Schweiz. Im November hatte erden ersten Wahnsinnsanfall. Im Januar 1778 schleppte ihn der Kraftapostel Christoph Kauffmann mit sich nach dem Elsass. Er schickte ihn zum Pfarrer Oberlin nach Waldersbach im Steinthal. Lenz predigte hier ein paar Mal und machte sich beliebt. Da brach, während Oberlin zum Besuch in Emmendingen war, bei Lenz der Wahnsinn wieder aus. Er machte Wiederbelebungs­versuche an einem. todten Kinde, wollte sich selbst morden und wurde in Begleitung zweier Männer, um ihn los zu werden, nach Strassburg zu seinem Freunde Röderer geschickt. Dieser wusste sich nicht anders zu helfen, als dass er ihn zu Schlosser brachte, auf dem er nun über anderthalb Jahr lastete. Er war ruhiger geworden, nur selten kam es zu heftiger Auf­