Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1903) Goethe ; Theil 1
Entstehung
Seite
159
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Genie und Krankheit.

lichkeiten zum Grunde, sodass man ein solches Werk weder leer, noch schlecht nennen darf. Auch ent­schiedene Talente sinds die dergleichen unternehmen, geistreiche vorzügliche Männer, von mittleren Jahren, die sich durch eine Lebensfolge verdammt fühlen sich mit diesen Abominationen zu beschäftigen.(Brief­wechsel mit Zelter, VI. p. 214.)

Gilt die Schilderung nicht heute für den grössten Theil der modernen Literatur?

Den Schluss möge eine scherzhafte Scene aus Eckermanns Gesprächen machen. Einmal war Hegel zum Thee bei Goethe. Es wurde über Dialektik ge­sprochen und Goethe meinte, sie werde oft gemiss­braucht, um das Falsche wahr, und das Wahre falsch zu machen. Da hatte Hegel die Dreistigkeit zu er­widern: Das geschehe nur von Leuten, die geistig krank sind. Statt mit Nathan zu sagen: Du bist der Mann, antwortete Goethe mit gutmüthigem Spotte, Solche dialektisch Kranke könnten im Studium der Natur Heilung finden.

Anhangsweise seien einige Aeusserungen Goethes über Genie und Krankheit wiedergegeben. Es ist eigen, sagte Eckermann, dass man so häufig bei aus­gezeichneten Talenten, besonders bei Poeten findet, dass sie eine schwächliche Constitution haben.Das Ausserordentliche, was solche Menschen leisten, er­Wwiderte Goethe, setzt eine sehr zarte Organisation vor­aus, damit sie seltener Empfindungen fähig sein und die Stimme der Himmlischen vernehmen mögen. Nun ist eine solche Organisation im Conflict mit der Welt