Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1903) Goethe ; Theil 1
Entstehung
Seite
209
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Die grossen Schwankungen bei Goethe.

wir wieder den Zwang der Analogie. Endlich ist uns bekannt, dass die pathologische Erregung allgemein ist, d. h. dass die meisten Triebe erregt zu sein scheinen, nicht nur, dass die Leute mehr reden, son­dern auch, dass es ihnen besser schmeckt, dass sie geschlechtlich erregt sind. Finden wir bei den Schaffen­den ähnliche Zustände, sehen wir, dass nicht etwa ein Gedanke oder ein Erlebniss den Menschen in Feuer setzt, dass vielmehr von unten her ein Feuer sein ganzes Wesen wärmt, derart, dass es sich in allen Provinzen regt, so kann man schliessen: quod erat demonstrandum.

Sieht man sich Goethes Leben genauer an, SO bemerkt man bald, dass von der gleichmässigen Ruhe, die oberflächliche Beobachter ihm gern zuschreiben, nicht viel zu finden ist, dass fortwährend die Stimmung wechselt, dass Zeiten der Erregung und Zeiten der Trockenheit vorkommen. Es ist nicht ganz leicht, sich dabei zurechtzufinden. Als die wichtigsten will ich die großen Schwankungen zuerst besprechen. Ich gebe zunächst meine frühere Darstellung der Sache wieder, die als Einführung ganz wohl zu brauchen ist, ich muss aber diesmal noch Einiges hinzufügen.

Es ist unverkennbar, dass die Zustände dichterischer Erregung bei Goethe an die Zustände krankhafter Er­regung erinnern. Der erste Erregungzustand Goethes begann in Frankfurt, endete in Weimar. Ihm folgte die lange Zeit zunehmender Klarheit und Stille. In­wieweit kürzere Perioden der Erregung eingeschoben sind, das soll später besprochen werden. Im Weiteren

Möbius, Werke Il,