Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1903) Goethe ; Theil 1
Entstehung
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dass sie die letzte gewesen; denn alle kleinen Nei+ gungen, die mich in der Folge meines Lebens berührten, waren, mit jener ersten verglichen, nur leicht und ober­flächlich.) Der deutlichste Beweis aber dafür, dass nicht die schon individualisirte Liebe Ursache der poetischen Thätigkeit war, bietet uns die Entstehung des Divan. Unvermuthet fängt die Quelle der Lieder an zu fliessen, die Erregung, und mit ihr das allge­meine Liebesgefühl, ist schon vorhanden, ehe Goethe der Marianne v. Willemer näher tritt; diese wird Ob­ject der Liebe, weil Goethe in dichterischer Erregung war, nicht umgekehrt. Wäre er ihr etwa 1811 statt 1814 begegnet, so hätte sie ihn vielleicht kalt gelassen Die Wiederkehr erregter Zustände bei Goethe kann mit Recht periodisch genannt werden, und es ist be­merkenswerth, dass die Dauer des Zustandes in der Regel ungefähr dieselbe ist, an die zwei Jahre. Auch die letzte Liebe des greisen Dichters, die zu Ulrike von Levetzow, der wir die Marienbader Elegie ver­danken, scheint etwa 2 Jahre gedauert zu haben. Ich möchte hier auf eine bemerkenswerthe Stelle im Be­richte des Dr. Vogel(über Goethes letzte Krankheit) hinweisen. Goethe habe in den letzten Jahren darüber geklagt, dass er sich zu Arbeiten, die ihm ehemals ein Spiel gewesen, häufig zwingen müsse.Nur der Sommer 1831 machte hierin eine Ausnahme, und Goethe versicherte damals oft, er habe sich zur Geistes­thätigkeit, zumal in productiver Hinsicht, seit dreissig Jahren nicht so aufgelegt gefunden. Rühmte Goethe seine Productivität, so machte mich das stets besorgt,