Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1903) Goethe ; Theil 1
Entstehung
Seite
217
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Die Depression von 1823.

krank. Er hustet, klagt über Schmerzen in der Brust, jammert, bringt die Nächte im Sessel zu. Die Um­gebung glaubt an eine schwere körperliche Krankheit und erwartet das Schlimmste. Am 24. November kommt Zelter, glaubt nicht an die Krankheit, spricht Goethen liebreich zu, liest ihm die, Elegie so und so oft vor. Goethe erholt sich mit einem Male, kann wieder im Bette schlafen, und rasch schreitet die Besserung vorwärts. Zwar bleibt er noch angegriffen und reizbar, aber von eigentlicher Krankheit ist nicht mehr die Rede.

Wenn ich sage, dass ich die ganze November­krankheit von 1823 in der Hauptsache für ein Ge­müthsleiden halte, für einen Depression-Zustand, wie der technische Ausdruck lautet, so werden Manche den Kopf schütteln. Aber man muss gesehen haben, wie sehr diese Depressionen schwere körperliche Er­krankung vortäuschen können, umS ZU glauben. Gewiss mag Goethe einen wirklichen Husten gehabt haben, aber sein Herzstechen, seine Athembeschwerden können ebenso wie sein Missmuth und seine Kraft­losigkeit Ausdruck des Gehirnzustandes sein. Uebrigens war der alte Zelter ein recht scharfsichtiger Mann.*) Ob der krankhafte Zustand noch ein Stück in 1824 hinein gereicht habe, das ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Am 24. und am 25. März schreibt Goethe die Strophen zu Werther; sie bilden einen Nachklang

as Einzelne nachlesen,

*) Man muss im zweiten Theile d} Zuständen machen will,

wenn man sich ein Bild von den seltsamen