Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1903) Goethe ; Theil 1
Entstehung
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Die Periodicität.

rückzukehren, aber er täuschte sich gründlich. Nach der Rückkehr begann das reife Mannesalter, die Jahre der wissenschaftlichen Thätigkeit und der zwar hoch­entwickelten, aber etwas frostigen Kunstpoesie brachen an. Goethes Mannesalter von 1789 bis 1807 ist die Zeit seiner grössten geistigen Gesundheit und seiner grössten Nüchternheit. Wir lieben den jungen Goethe, wir lieben den alten Goethe, aber den Mann Goethe ehren wir. Man halte mir die Schillerzeit und den Hermann nicht entgegen. Schillers Einfluss war für Goethe gar nicht günstig. Zwar Schiller stand sich bei dem Verkehre mit Goethe gut, er wurde sozusagen fleischiger und voller. Goethe aber wurde immer blutleerer, kälter, abstracter, allegorischer. Schon dass er dem Philister Voss nachging, das ist doch kein gutes Zeichen. Wie kann ein wahrhaft deutsches Ge­dicht in Hexametern geschrieben werden? Sie taugen sehr gut für eine Uebersetzung aus dem Griechischen, aber mit ihnen kommt ein für allemal der Schulstaub geflogen. Wo wird denn Hermann und Dorothea ge­lesen? In der Schule. Wo werden Pandora, Achilleis, Palaeophron u. s. w. gelesen? Von ein paar Gelehrten zu literarischen Zwecken. Die Balladen sind that­sächlich vor der trockenen Zeit in Goethes Kopfe ge­wesen, sie sind nur niedergeschrieben worden unter Schillers Einflusse.

Mit der dargelegten Auffassung stimmt überein, dass während des reifen Mannesalters ein eigentlicher Anfall nicht nachzuweisen ist. Indessen Andeu­tungen sind doch vorhanden. Im Frühjahre 1800