Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1903) Goethe ; Theil 1
Entstehung
Seite
242
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Die Familie.

findet man sehr selten. Dass sie nach ihrer Ver­heirathung nicht nur treu und gehorsam wie immer, sondern auch ebenso bescheiden wie früher blieb, das verdient alle Hochachtung. Viehoff sagt:Es wird berichtet, dass bei Christiane die angeerbte Genuss­sucht stärker hervorgetreten sei. Sie habe Studenten­Bälle und andere Bälle geringerer Bürgerklassen be­sucht und habe sich einem verderblichen Weingenusse hingegeben. Bei diesen Nachrichten weiss man nicht, wieviel davon Klatsch ist. Sie tanzte gern, und da die vornehmen Kreise ihr verschlossen waren, musste sie eben mit Bürgern und Studenten vorlieb nehmen. Auch das kann sie nicht ohne Goethes Zustimmung gethan haben. Dass sie mehr Wein getrunken hat, als gut war, das scheint richtig zu sein. Man kann etwa Folgendes sagen. Wieviel Christiane als Mäd­chen getrunken hat, wissen wir nicht. Nach ihrer Verbindung mit Goethe wird sie an seiner Lebens­weise Theil genommen haben. Goethe liebte es, wenn die Anderen mittranken, ja er soll die üble Ge­wohnheit des Nöthigens gehabt haben. Christiane wird also getrunken haben, wie Goethe trank. Das war für ihn schon zuviel, für sie doppelt zuviel. Positive Angaben sind selten. Wilh. Grimm sagt 1809: er trank fleissig, besser noch die Frau(die sehr ge­mein aussieht). Dass sie sich betrunken habe, dass sie eigentlich trunksüchtig gewesen sei, das wird nirgends bezeugt. Am bedenklichsten ist eine Aeusserung Riemers. Es sagt nach Christianens Tode(in den Briefen an Frommanns), das Ende der Frau sei hart