Schopenhauers Mutter.
denken seines Vaters beschimpft werde, so versteht man seine Empörung; es blieb ihm nichts übrig, als sich schweigend zurückzuziehen. War Johannas Verhältniss zu Müller nur freundschaftlich, so musste der Verdacht ihres Sohnes, ausgesprochen oder angedeutet, sie schwer verletzen. Handelte es sich um geschlechtliche Beziehungen, so ist der Bruch erst recht verständlich. Wie es in Wirklichkeit gewesen sei, das möchte ich auch nach Grisebachs Darstellung nicht entscheiden. Gegen geschlechtliche Beziehungen sprechen Johannas Alter(sie war 1813 47 Jahre alt, Müller erst 33) und die lange Dauer des Verhältnisses, in gewissem Grade auch die Offenheit, mit der die Frau jederzeit von ihren Beziehungen zu Müller gesprochen hat(in der Vorrede zu„Gabriele“ spricht sie von ihm als „einem Freunde, den sie gern vor der Welt nenne“). Zum wenigsten scheint mir ihr Verhalten verständlich zu sein, auch wenn nur geistige Bande sie an Müller fesselten. Ihrer ganzen Geistesrichtung nach war sie auf männlichen Umgang angewiesen, sie verkehrte in Weimar hauptsächlich mit Männern. Ihr Verhältniss zu Fernow war sehr intim, obwohl dabei niemand an unerlaubte Beziehungen gedacht hat, warum sollte sie zu Müller nicht ebenso gestanden haben? Dass Müller im Vergleiche zu Fernow sehr unbedeutend war, das thut ja nichts zur Sache. Man kann ihr doch den Geschmack nicht zum moralischen Vorwurfe machen, ebensowenig wie man sie deshalb tadeln darf, dass sie sich im Umgange mit Fouque behaglicher fühlte als in dem mit Goethe. Sie war, wenn sie das sagte,