Schopenhauers Schwester.
gewölbt, und traten weit vor den Lidern heraus, und ein breiter äusserst hässlicher Mund wurde durch die langen Zähne nicht verschönt. Alle ihre Bewegungen waren steif und eckig, und dazu hatten ihre Manieren etwas so seltsam Anspruchsvolles und Gespreiztes, dass ich förmlich Zeit gebrauchte, mich an diese Geschraubtheit zu gewöhnen. Ich hatte schon manches unschöne Frauenzimmer im Leben gesehen und es von Herzen lieb gewonnen, obgleich wirkliche Hässlichkeit mir auch an Menschen, die ich liebte, immer sichtbar und immer unangenehm empfindlich geblieben war; aber eine Hässlichkeit, die so geflissentlich das Urtheil gegen sich herauszufordern schien, ist mir niemals, weder vorher noch nachher begegnet.
Sie empfing mich mit lauter Fragen. Das ist an und für sich eine sehr liebenswürdige, dem schüchternen Fremden Mund und Herz erschliessende Weise, wenn diese Fragen nicht gar zu zwingend gestellt und auf gar zu bestimmte Dinge gerichtet sind; aber eine solche Fragelust kann unter Verhältnissen auch sehr bald lästig werden, und nachdem ich meine erste Ueberraschung überwunden hatte, wurden Fräulein Schopenhauer und die ganze Scene mir so belustigend, dass meine übermüthigste Laune sich daran entzündete, Ich hatte bereits genaue Auskunft über meinen Geburtsort, meine Familie, meine Vermögensumstände, meine Arbeiten und meine vierunddreissig Jahre gegeben. Ich hatte die Mittheilung empfangen, dass es für eine Dame„unseres Alters“— Fräulein Schopenhauer war mindestens zwanzig Jahre älter als ich—