Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
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Schopenhauers Jugend. 180313.

Eltern hätten ihn für immer verlassen, kein Gewicht legen. Solche Zufälle können bei nervösen Kindern leicht vorkommen, ohne dass im späteren Leben Angst­Zustände folgen. Sofern wie die letzteren ein selb­ständiges Krankheitzeichen sind, beginnen sie ge­wöhnlich im Jünglingsalter. Ihr Vorhandensein beweist, dass der Befallene erblich belastet ist und Zeit seines Lebens ein nervöser Mensch bleibt.

Im Herbst 1809 bezog Schopenhauer die Univer­sität Göttingen, wo er theils naturwissenschaftlichen, theils philosophischen Studien eifrig oblag. Dass er demStudentenleben fern blieb, ist sehr begreiflich, wenn man die Beschaffenheit jenes, Schopenhauers Natur und Lebenslauf andererseits bedenkt. Jedoch scheint er im engeren Kreise viel verkehrt zu haben, und sich im Allgemeinen recht wohl befunden zu haben. Nach zwei Jahren vertauschte er Göttingen mit Berlin, ohne an seiner Art zu leben etwas zu ändern. Die Zeugnisse seines unermüdlichen Fleisses sind in Gestalt dicker Collegienhefte noch vorhanden, ebenso seine philosophischen Aufzeichnungen, in denen man das Reifen seiner Gedanken verfolgen kann. In Berlin schrieb Schopenhauer 1813 folgendes:Unter meinen Händen und vielmehr in meinem Geiste er­wächst ein Werk, eine Philosophie, die Ethik und Metaphysik in Einem sein soll... Das Werk wächst, concrescirt allmählich und langsam, wie das Kind im Mutterleibe: ich weiss nicht, was zuerst und was zu­letzt entstanden ist, wie beim Kind im Mutterleibe. Ich werde ein Glied, ein Gefäss, einen Theil nach

Möbius, Werke IV. 4