Der Lebensabend. 1847—60.
den Zeitungen zeigten, dass die Zeit des Ruhmes gekommen war. Schliesslich machten auch die Herren von der Zunft theilweise gute Miene zum bösen Spiele; die Buchhändler, die sahen, dass Schopenhauers Sachen „gingen,“ kamen und boten Honorar an. Diesen späten Frühling Schopenhauers haben Gwinner und Grisebach vortrefflich beschrieben. Die unmittelbarste Kenntniss davon geben die Briefe Schopenhauers an Frauenstädt, in denen sich der alte Meister vollkommen unbefangen giebt, und deren bald harmloser, bald grimmiger Humor nach Villers’ Ausdruck aromatisch und stärkend auf den Leser wirkt. Ich kann an dieser Stelle auf
das Nähere nicht eingehen.
Werke hersetzen. Sie stammen aus den nachgelassenen Briefen des Herrn von Villers, die seine Freunde als„Briefe eines Unbekannten“ veröffentlicht haben(2. Aufl., Wien 1887). Villers war sächsischer Legationsrath in Wien, ein liebenswürdiger und nachdenklicher Weltmann.
„Ich lese ausschliesslich Schopenhauer; es wurde wenig mit so viel Geist geschrieben, so dass der Stoff fast indifferent wird. Ich meine, kein Deutscher schrieb je so elegant. Sein Schimpfen ist ergötzlich und vornehm zugleich, obschon sackgrob.“
„Von Schopenhauer und dem Genusse, den er mir schafft, könnt’ ich viel reden. Geistvolleres in so schöner Form ist mir noch nicht unter die Augen gekommen.“
Ein paar Jahre später:„Ich theile nicht den Enthusiasmus Vieler für Schopenhauer; aber sein bitterer Ernst, seine strenge Redlichkeit wirken auf mich aromatisch und stärkend wie bittere Kräutersäfte. Ich erkenne in ihm den Freund, der nie schmeichelt, Oft verletzt, aber nie zulässt, dass wir uns ihm entfremden. Es erfasst unser ganzes Herz, wenn dieser herbe Tadler das Schöne mit schlichten Worten und tiefer Empfindung ausspricht. Nichts ist rührender als diese sanfte Huldigung aus so bitterem Munde.“