Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
105
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Ueber Schopenhauers Schädel.

Diewissenschaftliche Craniometrie kann nicht mehr leisten, als das, was das Auge sieht, annähernd in Zahlen auszudrücken. Da die unregelmässige Form des Kopfes oder Schädels einer mathematischen Be­handlung unzugänglich ist, die Messung sich auf ein­zelne Bogen und Abstände beschränken muss, so müssen ihrer Natur nach diewissenschaftlichen An­gaben höchst unvollkommen sein. Andererseits ist, vorläufig wenigstens, der Nutzen einer genauen Messung nicht einzusehen, da wir nicht wissen, was uns die Millimeter bedeuten. Thatsächlich kann auch in un­serem Falle die Wissenschaft uns nicht mehr sagen, als was ein Blick auf den Kopf lehrt, dass Schopen­hauer einen ungewöhnlich grossen, besonders sehr breiten und in den vorderen Theilen stark gewölbten Kopf gehabt habe.

Gwinner hatte den Gipskopf auch dem Phreno­logen Scheve geschickt und hatte diesen um sein Gutachten gebeten. Die Lehre der Phrenologen be­steht bekanntlich darin, dass die geistige Eigenart des Menschen abhänge von bestimmten Grundtrieben oder Fähigkeiten und von dem Verhältnisse der Triebe oder Fähigkeiten zu einander, dass andererseits die Wölbungen des Schädels uns ein Urtheil über die Grundtriebe oder Fähigkeiten gestatten, dass einer Hervorwölbung an dieser Stelle dieser Trieb, einer Hervorwölbung an jener Stelle jener Trieb entspreche. Scheve bezeichnet als am meisten auffallend die Breite des Schopenhauerschen Kopfes zwischen den ziemlich tief stehenden Ohren. Er findetdas Organ des Thä­

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