Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
142
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Bemerkungen über Schopenhauers Lehre.

stimmbar sei, vielmehr der empirische Gehalt der Er­scheinungen nur a posteriori erkannt werde. Dieser Stoff der Erscheinungswelt, der in die a priori ge­gebenen Formen gekleidet werde, gehöre nach Kant dem Dinge an sich selbst an, weil er irgend woher kommen müsse. Diese Ableitung sei unhaltbar, weil im Grunde Kants Stoff der Erfahrung nichts sei als unsere Sinnesempfindungen. Diese aber seien ganz und gar subjectiv, folglich falle Form und Stoff in das Subject, der Weg zu dem Dinge an sich sei versperrt.

Es ist schwer, bei alledem den Respect nicht zu vergessen. Man sollte meinen, dass, wenn einmal zwischen Form und Stoff der Wahrnehmung unter­schieden wird, die einfache Wahrheit dem Blicke nicht entgehen könne. Hat Locke gezeigt, das Roth der Rose sei subjectiv, hat Kant gezeigt, dass Raum und Zeit von vornherein gegebene Formen unseres Geistes seien, so ist natürlich alles an der Rose subjectiv, aber dass diese Rose an dieser Stelle des Raums zu dieser Zeit gesehen wird, das ist nicht subjectiv. Mit anderen Worten, wie wir wahrnehmen, das hängt von unserer Organisation ab, aber was wir wahr­nehmen, das hängt nicht von uns ab. Die Worte gleichen auch den Dingen nicht, aber sie deuten auf sie hin. So mag der Unterschied zwischen unseren Wahrnehmungen und den Dingen so gross sein, wie er will, den Veränderungen der Wahrnehmung müssen Veränderungen der Dinge entsprechen, und wie eine Erzählung einen Vorgang vor den Augen des Geistes wiedererstehen lässt, so muss unsere Erfahrung irgend­