Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
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ist die Verbindung des Willens mit dem vovs, Intellect. Dieser Intellect ist das Secundäre, ist das posterius des Organismus und, als eine blosse Gehirnfunction, durch diesen bedingt. Der Wille hingegen ist primär, ist das prius des Organismus und dieser durch ihn bedingt. Wir treffen hier gleich auf Schopenhauers Materialismus, der ihm besonders durch Cabanis bei­gebracht worden ist, auf die sinnlose Behauptung, der Intellect sei eine Function des Gehirns, eine Behaup­tung, die hier nicht im mathematischen, sondern im physiologischen Sinne gebraucht wird. Es liegt auf der Hand, dass Schopenhauer sich etwas weismacht, indem er unbemerktermaassen das Wort Wille in zwei­fachem Sinne braucht. Rechtmässig ist bei Schopen­hauer der Leib die Objectität, das Sichtbarwerden des Willens, daher seine Theile als Theile des Willens aufzufassen sind, mithin das Gehirn ebenso wie die Muskeln Objectität des Willens zu nennen ist. Indem er aber den allein der Erfahrung gegebenen Einzel­willen unter der Hand gegen den von ihm erfundenen metaphysischen oder Zzeitlosen Willen auswechselt, macht Schopenhauer den Willen zu einem prius des Organismus. Da er versprochen hat, von der Er­fahrung auszugehen, hätte er zunächst fragen müssen, wie stellt sich uns in der inneren Erfahrung das Verhältniss von Intelleect und Wille dar. In Wirk­lichkeit aber spricht er ziemlich despectirlich von der Psychologie, setzt ohne grosse Prüfung fest: so ist die Sache. In der That findet man nirgends einen ernsthaften Versuch, die Zerreissung der Seele zu be­