Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
190
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Bemerkungen über Schopenhauers Lehre.

Nun war man zwar in Schopenhauers Jugend weit entfernt davon, zu erkennen, wie gross die Selbständig­keit der Leibestheile ist, man wusste nichts vom Leben der Zellen u. s. w., immerhin aber konnte auch dem damaligen Zustande der Naturwissenschaft Schopen­hauers Lehre nicht genug thun. Insbesondere die grobe Behauptung, der in unserem Bewusstsein vor­gefundene Wille entspreche nicht einer Gehirnthätig­keit, sondern der Muskelcontraction, war auf keine Weise zu rechtfertigen. Unserer gegenwärtigen An­schauung erscheint der menschliche Leib als ein Staat im strengen Sinne des Wortes, dessen Glieder die mehr oder minder selbständigen Zellen sind, mit einer Hauptstadt, dem Kopfe, mit einer monarchischen Re­girung, gewissen Theilen des Gehirns, mit einem Be­amtenheere, den Nerven, mit einem Nährstande, Wehr­stande u. s. w. Mit den Vorgängen in unserem Be­wusstsein sind offenbar nur die Vorgänge in. der grauen Rinde des grossen Gehirns verknüpft, vielleicht nur die in einem Theile der Grosshirnrinde. Die Vor­gänge im übrigen Gehirn, im Rückenmarke, in den Nerven, den Sinnesorganen, den Muskeln, den Einge­weiden haben wahrscheinlich mit unserem Bewusst­sein nichts zu schaffen. Am deutlichsten wird uns das, wenn wir ein Glied des Körpers bewegen wollen, wir werden uns der Absicht bewusst und dann bricht die Kette ab, Alles weitere geschieht in dem für uns Unbewussten: die Anordnungen, die nöthig sind, um die richtigen Muskeln in der richtigen Stärke zu erregen, der Verlauf der Depesche durch