Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
195
Einzelbild herunterladen

Ueber das zweite Buch.

Optiker Kant gelieferte Brille auf die Nase gesetzt hat. Die Zoologie unterscheidet Gattungen, Arten, Rassen. Die Ideen entsprechen den Gattungen, ob die Arten oder gar auch die Rassen Ideen sind, das erfahren wir nicht. Kommt es endlich zum Menschen, so ist mit einem Male alles anders. Die armen Thiere kann man ihrer Individualität berauben, ein Faulthier sieht ja ungefähr so aus wie das andere, aber wir, wir un­vergleichlichen Menschen sollten auch nur eine einzige Idee sein? Schopenhauer und Hegel nur durch das principium individuationis, nur für den Erkennenden verschieden? Nein Bauer, das ist ganz was andres, Flugs ist jeder Mensch eine Idee, oder ein ausserzeit­licher Willensact, noch dazu einer mit einem intelli­giblen Charakter. Wenn die Naturforscher missbilli­gend von Naturphilosophie reden, so meinen sie da­mit ein geistreiches Schwatzen über die Natur, das eine ernsthafte Prüfung nicht verträgt. Es lässt sich nicht leugnen, dass auch Schopenhauers Naturphilo­sophie ein scharfes Urtheil herausfordert, und alle scharfsinnigen Bemerkungen im Einzelnen können nicht darüber weghelfen. Er selbst spricht mit grossem Stolze von seiner Schriftüber den Willen in der Natur. Die Sache verläuft hier immer so, dass er einzelne Mittheilungen von Gelehrten wiedergiebt, in denen er Bestätigungen seiner Gedanken findet, daran zum Theil vortreffliche Bemerkungen knüpft, dass er aber die einzelnen Daten nicht mit einander verknüpft, sondern jedesmal vom Einzelnen wieder in seine all­gemeinen Gedankenkreise zurückkehrt und das wieder­