Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
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her bei aller Vernunft unbewusst sein müsse, so halten wir dem entgegen, dass ein Bewusstsein, das alles um­fasst und in sich unterscheidet, durchaus denkbar ist Vorstellen können wir uns ein alle Individuen in sich fassendes und wissendes Individuum freilich nicht, aber eine unbewusste Vorsehung können wir nicht einmal denken. Wir sehen überall Unorganisches aus Organischem entstehen, nie ein Organisches aus Un­organischem, wir sehen in uns Unbewusstes aus Bewusstem werden, nie Bewusstsein aus Unbewuss­tem, wir glauben daher, dass überall Bewusstsein von Bewusstsein stamme. Dabei jedoch bleiben wir dessen eingedenk, dass wir nach Art der Kinder thun, wenn wir das, was wir in uns finden, ohne Weiteres dem Ewigen zuschreiben, dass, wenn wir auch genöthigt sind, von unserer inneren Erfahrung auszugehen, doch die Fülle des göttlichen Wesens über alle Möglichkeit unseres Denkens hinausreicht. Sagt jemand, dass man über das, was unser Denken nur berührt, nicht fasst, auch nicht denken solle, dass die Frage, ob dem all­gemeinen Geiste Bewusstsein zuzuschreiben sei oder nicht, überhaupt nicht zu erörtern sei, so bleibt ihm nichts übrig, als mit Goethe das Unerforschliche still zu verehren.*)

*) Zu dem Bisherigen vergleiche: Ueber die drei Wege des Denkens. Leipzig. O. Wigand. 1891.