Ueber das dritte Buch.
schief. Das Sichvergessen, Sichhingeben ist gar nicht dem Aesthetischen eigen, wird vielmehr von Jedem gefordert, der etwas Ordentliches leisten soll. Jeder Techniker, jeder Gelehrte u. s. w. muss sich, wie man sagt, in die Sache vertiefen, muss seine Person darüber vergessen, sich ganz dem Gegenstande hingeben. Schopenhauer hat Recht darin, dass es Einem wohl wird, wenn er sich vergisst, sich hingiebt, aber er behauptet mit Unrecht, dieses Wohlsein und das ästhetische Wohlgefallen seien dasselbe. Jenes kann man zwar nicht an sich negativ nennen, denn jede Lust ist positiv, aber es geht doch aus einer Negation hervor. Dieses ist durchaus positiv. Was wäre eine Aesthetik, die im Widerspruche mit ihrem Namen, über die Sinnlichkeit wegspringen wollte. Im populären Sinne ist schön, was unmittelbar gefällt, was schön schmeckt, schön riecht, schön zu sehen ist, u.s. W., kurz, was Lust erregt, ohne dass eine Reflexion nöthig ist. Ein schmutziger Tausendmarkschein kann auch Lust erregen, aber nur wegen der Gedanken, die sich an ihn knüpfen. Dem Sinnlichschönen steht das Schöne gegenüber, das zwar nicht direct auf die Sinne wirkt, aber unmittelbar lustvolle Gefühle erregt, ohne Reflexion gefällt. Gefallen und Verlangenerwecken ist dasselbe, das Schöne wird also begehrt, gewollt. Der Durst nach Schönheit ist gerade so brennend wie ein anderer Durst. Es heisst, die Sterne, die begehrt man nicht. Nun ja, essen kann man sie nicht, aber man freut sich ihrer Pracht, d.h. man will sie sehen, und man würde sie auch vom Himmel herunterholen, wenn es nur