Teil eines Werkes 
Bd. 3, Teil 1 (1921) Die Kunstdenkmäler des Kreises Prenzlau / unter der Schriftl. des Erich Blunck bearb. von Paul Eichholz ...
Entstehung
Seite
270
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260 Prenzlau (Rathaus).

Mehrzahl der maͤrkiſchen Rathaͤuſer zu ſchließen den ganzen uͤbrigen Teil des Obergeſchoſſes einnahm.

An derſelben Wand, im zweiten Joch von Süden her, befindet ſich] noch heute, wenn auch in ſtarkbeſchaͤdigtem Zuſtande, eine Malerei, welche uͤber die ernſte Bedeutung des Raumes in fruͤherer Zeit keinen Zweifel laͤßt(Tafel 40 und Abb. 237 oben). Sie beginnt in Höhe von 2,10 m über Fußboden mit einem Schriftſtreifen. Von der aus gotiſchen Minuskeln beſtehenden Inſchrift iſt wohl die Hälfte, hauptſaͤchlich durch einen Wandſchrank, zerſtoͤrt. Die figuͤrliche Darſtellung des Gemaͤldes reicht von dieſem Rande bis an die Gewoͤlbekappe in einer Höhe von 2m. In der Mitte thront Chriſtus auf dem Regenbogen vor geſtirntem Hintergrund; Schwert und Lilie, die zu den Seiten ſeines Hauptes noch erkennbar ſind, kennzeichnen ihn als Weltenrichter. Seine Fuͤße ruhen auf der Weltkugel, zu ſeinen Seiten ſchweben poſaunenblaſende Engel, waͤhrend unten die Auferſtehenden den Gräbern entſteigen. Entſprechend der byzantiniſchen Auffaſſung des Weltgerichts erhebt Chriſtus nicht ſegnend die Rechte, ſondern zeigt, die Arme ausbreitend, die Wunden: male der Handflaͤchen; ebenſo fehlt das Buch des Lebens auf ſeinem Schoße, dafuͤr iſt das Wundmal der Bruſt unter dem zuruͤckgeſchlagenen Mantel ſichtbar. Die bei dieſer Darſtellung des Weltgerichts uͤblichen Fuͤrbitter Maria und Johannes ſchließen die Gruppe der drei Hauptfiguren. Das Bild iſt auf den friſchen Putz gemalt. Die Konturen ſind ſchwarz, die Toͤne flach angelegt, die Farben, außer dem Fleiſchton der Körperteile, rot(Mantel Chriſti, gelb(die Glorien), grün in verſchiedenen Tönen(die Landſchaft, blau(Gewand der Maria) und braun(Gewand des Johannes und Haar der Übrigen). Der erhaltene Reſt der Inſchrift unter dem Bilde lautet:hominem per rruris hour signum. Es muß dahingeſtellt bleiben, ob ſich der Ausdruckhoc signum erucis etwa auf die durch die Figur Chriſti vorgeſtellte Form des Patriarch en­kreuzes bezieht oder auf ein Kruzifir eines vor dem Bilde aufgeſtellten Altars. Nach dem Charakter der Malerei und der Schrift iſt die Entſtehung des Gemaͤldes gegen Ende des 14. Jahrhunderts anzuſetzen.

Im Bodenraum des Rathauſes findet ſich noch ein Reſt der Sch eidemauer zwiſch en dem maſſiven gewölbten Gerichtshauſe und dem mit Balkendecke verſehenen Saal. Sie iſt hier auf der Weſtſeite nur durch wenige Stichbogenblenden zwiſchen kantigen Pfeilern erleichtert, auf der Oſtſeite ſogar ganz ſchlicht, und dadurch als einfache Brands mauer gekennzeichnet(Backſteinmaß 28 x 13-14 x 10-411 cm).

Von äußeren Architekturteilen dieſes gotiſchen Baues iſt bei feinem jetzigen, ver­aͤnderten und geputzten Zuſtande nichts mehr zu erkennen. Einen Turm hatte das mittel­alterliche Rathaus, wie auch andere maͤrkiſche, urſpruͤnglich nicht. Ein ſolcher wurde vielmehr auch hier erſt nachtraͤglich, nämlich erſt 1602 durch den hollaͤndiſchen Bau meiſter Job Hanſen ausgefuͤhrt. Er ſtand, nach der beim Magiſtrat erhaltenen Pros jektzeichnung fuͤr ſeinen ſpaͤteren Umbau, inmitten des Gerichtsbaues und der Oſt front. Für feine Beſchreibung find wir auf die Wiedergabe in den Stadtbildern bei Merian und dem Kreuzigungsbilde in der Dominikanerkirche beſchraͤnkt. Nach beiden hatte er quadratiſchen Grundriß und einige Meter uͤber dem Firſt des Hauſes eine