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Gespräch im Nebel : Leibniz besucht Spinoza / von Leo Hirsch
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Geringste davon erwähnt hat. Eben dieser Leibniz schätzt den Theologisch-politischen Traktat hoch und hat Ihnen über diesen Gegenstand, wenn Sie

sich erinnern, einmal einen Brief geschrieben."

Erinnerte sich Spinoza nicht? Leibniz ist mir, so antwortete er,wie ich glaube, durch Briefe bekannt; doch aus welchem Grunde er, der Rats­herr in Frankfurt war in Mainz, berichtigte sich Spinoza jetzt, in Gedanken, nach Frank­reich gereist ist, weiß ich nicht. Soweit ich nach seinen Briefen urteilen konnte, erschien er mir als ein Mann von freiem Geiste und in jeder Wis­senschaft erfahren. Dennoch halte ich es nicht für geraten, ihm so rasch meine Schriften anzuver­trauen. Ich möchte erst wissen, was er in Frank­reich vorhat, und auch das Urteil unseres Tschirn­haus hören, nachdem er länger mit ihm verkehrt und seinen Charakter kennen gelernt hat. So war es gekommen, daß Leibniz- die Abschrift von Spi­nozas Hauptwerk, die Tschirnhaus hatte, nicht zu sehen bekam. Man mußte sich in Acht nehmen, wenn man von den Juden als Ketzer mit dem gro­ßen Bann belegt, von den christlichen Theologen als Atheist verschrien und von der Holland be­herrschenden Partei der Oranier als Freund ihres ermordeten Gegners Jan de Witt beargwöhnt war. Man brauchte nicht zu heucheln, aber man

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