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Gespräch im Nebel : Leibniz besucht Spinoza / von Leo Hirsch
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lichkeit machen zu wollen. Politik war ein Be­herrschen der Tatsachen und ein Berechnen der Verhältnisse, ein Nutznießen des Vorhandenen. Mußte nicht ein Jan de Witt , gerade wenn er wirklich ein Idealist war, den Nutznießern, den Tatsachenmenschen, den Wirklichkeitsrechnern zum Opfer fallen?

Sie müssen nicht denken, fuhr Spinoza fort, daß Jan de Witt weltfremd war. Er stand mit beiden Beinen auf der Erde. Nur, er wollte keine Macht, er hatte persönlich keinen Ehrgeiz, er war nicht herrschsüchtig. Er hatte erkannt, daß Hol­lands bestes Gut und schönste Eroberung die Frei­heit war, und er wollte sie verteidigen, gegen die Ränke und Mächte von außen und gegen den Fa­natismus und die Unvernunft von innen. Er wußte, daß die innere Freiheit nur gewahrt wer­den konnte, wenn die äußere Unabhängigkeit ge­wahrt blieb. Er ging ganz nüchtern in den auf­gezwungenen Krieg, aber er war bereit, darin zu sterben, denn er wußte, wofür er zu kämpfen hatte. Er gab seinem Bruder Cornelius den Befehl über die Flotte und hieß sie die Anker lichten. Er war Diplomat genug, Spanien als Bundesge­nossen zu gewinnen, das bis dahin Hollands und .der Freiheit tödlichster Feind gewesen war. Aus überfließendem Gemüt teilte er sein Fürchten und

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