Vielleicht auch vertraute er für den Notfall auf seine Redekunst und den Mut und Einfluß seiner Person. Jedenfalls war es ihm gelungen, unbehelligt in das Gefängnis einzudringen. Als er aber seinen Bruder an der Hand nahm und mit ihm zusammen vor die Tür des Gefängnisses trat, ertönte ein Wutgeheul aus der Menge, welche die beiden Brüder erkannt hatte, und mit Messern, Degen, Sensen, Äxten wollte man sich auf sie stürzen. Da faßte Jan de Witt den Anführer der Leute ins Auge und rief voller Ernst und Schmerz in das Volk hinein:„Fromme Bürger, wie kommt dies so?‘ Vielleicht hätte er das Wort„Fromme‘‘ nicht sagen sollen, denn während noch die meisten betroffen und unschlüssig dastehen, schreit einer dem Ratspensionär, der immer der Garant der Glaubensfreiheit gewesen ist, das Schimpfwort „Ketzer“ ins Gesicht. Das ist für die anderen das Signal. Schon wiederholen die nächsten den Vorwurf, schon schreien weitere: ‚„Landesverräter!‘‘, und im schrillsten Gekreisch wird das alte Märchen wiederholt, daß er das Land an die Franzosen verraten habe. Das erträgt er nun nicht, er muß sich Gehör schaffen, er ruft über die tierische, brüllende Menge hinweg:„Wenn alle so gehandelt hätten wie ich, dann wäre noch bis zum Augenblick nicht eine einzige Stadt in fran
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