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Gespräch im Nebel : Leibniz besucht Spinoza / von Leo Hirsch
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lung? Nicht Erkenntnis? So war auch Spinozas Gottes-Anschauung nicht geometrisch errechnet, sondern Intuition! Und nur Spinoza hielt sie für die mathematisch unanfechtbare Wahrheit, weil sie das unmittelbar Gewisse des Religiösen für ihn hatte. Armer, reicher Spinoza .

Leibniz blätterte weiter. Vielleicht lag das Merk­würdige dieser Worte eben in der Sprache? Es war Latein , einfaches, klares Latein, aber viel­leicht hatten die Gedanken zuerst Worte, Begriffe einer anderen Spracheangehabt, ehe sie sich diesen Sätzen hier eingeordnet hatten? Er las und

las, er wußte nicht, wieviel Zeit ihm noch zum Lesen blieb, er wollte sie ausnutzen, er las immer eiliger, und wenn es auch nur ein scheinbares

Verstehen obenhin und über die Tiefen weg sein mochte, er hatte doch das Empfinden, vorwärts­zukommen, Spinozas Gebäude in Sicht zu be­kommen und vom ersten Anblick hingerissen zu sein, bis er sich dessen wieder bewußt wurde, so daß sein Eigenwille rebellierte und er an der fol­genden Stelle stutzte:Unter gut verstehe ich das, wovon wir gewiß wissen, daß es uns nützlich ist. Unter schlecht aber das, wovon wir gewiß wissen, daß es uns hindert, ein Gutes zu erlangen. Wie? Gut ist, was mir dient? Hatten die plumpen Patrone, die Ketzerschnüffler und Reaktionäre

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