Brieſt. 291
Abtrennung je einer ſchmalen Loggia im Norden und Suͤden, die ſchon in dieſer Hohe durch beſondere Satteldaͤcher abgeſchloſſen find, waͤhrend der mittlere höher geführte Teil erſt weiter oben in derſelben Weiſe endigt. Die Decke des verbleibenden mittleren Raumes fuͤhrte man ſodann durch einen breiten runden und einen anſchließenden hoͤher geſpannten Spitzbogen annaͤhernd in ein Quadrat uͤber, das vielleicht mit einer Kuppel auf Pendentifs uͤberwoͤlbt war. Die Kalotte iſt zwar vollſtaͤndig verſchwunden, die Annahme einer ſolchen aber viel wahrſcheinlicher als die einer großen 3m weiten Kreisoͤffnung, wie ſie jetzt vorhanden iſt(Abb. 178 links). Die ganze Gewoͤlbekonſtruktion iſt in Bachſtein ausgeführt. Die Bauweiſe ſowohl wie das Backſteinformat von 28* 13* 110m entſprechen durchaus der fruͤhgotiſchen Epoche. Auch die aͤußere Architektur der mit dem Mittelraum durch je eine kleine Spitzbogentuͤr verbundenen Loggien weiſt in dieſe Zeit. Die Öffnungen der Loggien[ind durch zuſammengeſchweißte Doppelſaͤulchen getrennt(Abb. 178), die Bruͤſtung iſt als Fries ausgebildet, der von Rundſtaͤben umzogen und in Quadrate geteilt iſt. An den Ecken ſtuͤtzen ſich die niedrigen, faſt noch romaniſch wirkenden Giebel auf viereckige Pfeilerchen, welche die Renaiſſance mit neuen Spitzen verſehen hat. Das Dachgeſchoß des mittleren, höher geführten Turmteils enthält die Glockenſtube mit offenem, wohl einer neuen Wiederherſtellung angehoͤrigem Dachſtuhl. Auch feine Giebel find nicht mehr die urſpruͤnglichen(Backſtein= format 29* 14*9 em), zeigen aber in ihrem Blendenwerk noch einige Anklaͤnge an das Mittelalter.
Nach Beckmann(Nachl.) erhielt die Kirche i. J. 1712 einen hoͤheren Aufbau„mit gehaubichtem und gewoͤlbichtem Glockenturm“. Von den vier Wetterfahnen des Bauwerks. deutet die mittlere auf dem Schiffe mit der Jahreszahl 1712 auf die oben erwähnte Wiederherſtellung.
Die Anlage und konſtruktive Ausführung des Turmes zeugt von einer Tuͤchtigkeit und Gewandtheit der Bauleute, die den Gedanken nahelegen, daß die Kirche, die im Mittelalter dem Kloſter Gramzow gehörte, von den dortigen Praͤmonſtratenſer Ordensleuten erbaut ſei.
Der Alt araufb au kennzeichnet[ich durch die verſchiedenen Stilformen ſeines unteren und oberen Teiles als ein Werk aus zwei Entſtehungszeiten. Den unteren bildet ein geſchnitzter ſpaͤtgötiſcher Fluͤgelaltar in Schreinform, der dem in Paſſow(ſ. Heft X dieſes Bandes S.417) ähnlich und wohl aus derſelben Werkſtatt iſt, wenn er auch, namentlich in den Köpfen, weniger kuͤnſtleriſch durchgebildet erſcheint. Die drei Figuren, die in Brieſt den eigentlichen Schrein ſchmuͤcken, ſind die Himmelskoͤnigin, uͤber der Engel eine Krone halten, Johannes d. T. und ein Biſchof ohne Attribut(Nikolaus). In den freibleibenden Ecken ſind außerdem 4 kleine Engelsfiguren angebracht. Die Fluͤgel zeigen vier Reliefdarſtellungen kleineren Maßſtabes: Darſtellung Chriſti im Tempel, Verkuͤndigung, Anbetung der heiligen drei Könige und die der Hirten. In der Predella finden ſich auch hier 12 kleine Randfiguren wie in Paſſow. Die verhaͤltnismaͤßig noch recht gut erhaltenen Malereien, welche bei Schließung des Schreines ſichtbar werden, ſtellen dar: auf der Ruͤckſeite der Flügel die Geißelung Chriſti, Chriſtus vor Pilatus , Dornenkroͤnung und Kreuztragung, ſodann an der Hinterwand der Seitenteile links den großen Chriſtophorus, rechts den heiligen Michael