Erste Abtheilung.
aldoad A
Der Talmud in der Handschrift.
§. 1.
T
Nothwendige Kenntniss der Handschriften.
Bei beurtheilender Darstellung der Beschaffenheit eines alten, tief in Wissenschaft und Leben eingreifenden Druckwerkes hat man die Pflicht, vollends wenn der kritische Werth des Textes zum Gegenstande der Betrachtung gehört, nach der zu Grunde gelegten Handschrift zu forschen, ja, so viel möglich, deren Genesis durch Jahrhunderte bis zur Hand des Autors zu verfolgen. Das Druckwerk ist nur ein durch die Presse copirtes vervielfältigtes Bild der Handschrift, dessen Verdienst am gründlichsten durch Vergleichung mit dem Originale gewürdigt werden kann; wo aber die Originalschrift des Urhebers längst unfindbar geworden ist, kann eine Untersuchung über die aus ihr hervorgegangenen Generationen oft einen, wenn auch schwachen, Ersatz für das Original gewinnen. Wenn aber eine solche Untersuchung im Allgemeinen bei Werken, wo viele Jahrhunderte zwischen der schriftlichen Abfassung und der Wiedergabe durch die Presse liegen, oft bis zur Hoffnungslosigkeit schwierig ist, so muss sie als eine fast unlösbare Aufgabe erscheinen bei einem Werke, das ausschliesslich dem jüdischen Leben und Wissen angehörte, das nicht bloss in allen Zeiten und Ländern von der staatlichen Pflege ausgeschlossen, sondern auch in vielen Zeiten und Ländern bald von staatlicher, bald von privater Verfolgung dem Verderben preisgegeben
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