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Gerona , Vaterstadt des Moses b. Nachman , war ein Hauptsitz jüdischer Gelehrsamkeit, und ein Talmud von der Hand eines sichtbar frommen Gelehrten zum eigenen Studium in jener Stadt und Zeit( 1184) geschrieben, gestattet die Voraussetzung vorzüglicher Correctheit. Wir halten deshalb diese Handschrift des grössten Tractates und zweier der grösseren Tractate aus der spanischen Schule für die werthvollste Cimelie in diesem Fache neben dem vollständigern, unten beschriebenen, Codex in München aus der französischen Schule. Deutschland zählt demnach zu seinen handschriftlichen Besitzthümern den ältesten Codex spanischer Abkunft und den vollständigsten französischer Abkunft.
Das Jahr 1391 war nicht bloss am Quadalquivir für die Juden unglücklich, sondern auch am Rheine und Neckar . Hier hatte Ruprecht II. die Juden vertrieben, aber, wie damals üblich, ihnen vorher ihr Eigenthum genommen. 1) Die ihnen in bedeutendem Werthe entrissenen Bücher wurden der erst fünf Jahre vorher gegründeten Universität Heidelberg geschenkt, welche sie aber wieder verkaufte und bloss einen Talmud daraus behielt. 2) Ob dieser noch in Heidelberg erhalten ist, und wie er beschaffen ist, kann ich nicht sagen. Man weiss, welchem Schicksale die Bibliothek später preisgegeben wurde. Im Jahre 1622 wurde sie von dem Heere der Ligue bei der Eroberung Heidelbergs zum Theil zerstreut, und die kostbarsten Handschriften schenkte nachher der neue Deutsche Herr der Pfalz ,
1) In Heidelberg allein 13 Häuser. Aus der Synagoge wurde eine Kirche gemacht. S. Wilken, Gesch. der Bildung.... der alten Heidelberg . Büchersammlungen S. 19 ff.
2) S. oben§. 33, wo aus der Unbekanntschaft Reuchlins mit diesem Codex fast zu schliessen wäre, dass die Universität Heidelberg noch ein nach- und einträgliches Geschäft mit demselben gemacht hat. Wilken meint, man habe die hebräischen Bücher verkauft, weil damals die hebräische Sprache noch nicht auf Universitäten gelehrt wurde, es zeuge aber von dem guten Sinne der damaligen Väter der Hochschule, dass sie die Ahnung von der Wichtigkeit der Erlernung der hebräischen Sprache hatten, und daher den Talmud zu künftigem Gebrauch der Universität zurückbehielten!! Der eigentliche Grund war wohl, dass man für den voluminösen Talmud keinen Käufer fand, da ihn die gelehrten Christen nicht verstehen und die armen Juden nicht bezahlen konnten.