seiner Art prächtigen Pastors, der den Menschen weniger durch sein geistliches Wort hilft als durch seine Fähigkeit, die realen Verhältnisse und Nöte klar zu durchschauen und wirksamen Rat zu geben. Er mag es, unwägbare Gefahren ahnend, nicht hören, wenn die Leute bewundernd sagen:„Pastors Zwillinge— ein Bild.“ Von früh an schwebt das Schwert über ihnen, und es fällt in dem Augenblick, in dem alle Gefahren überwunden und die Jungen, wie die alte Lena sagt,„Kropper Busch vorbei“ zu sein scheinen. Meisterhaft der Aufbau der Erzählung: von der ersten Szene an, die in dem Bangen der Mutter um die todkranken Dreijährigen deren Schicksal vorahnen läßt, über die aquarellhaften und doch scharf konturierten Bilder aus der Jugend der Mutter, die zu den Quellen einer wunderbaren Bestimmung führen, bis zu der Darstellung der Stunde, in der ein Kriegskamerad der Zwillinge den Eltern von ihrem gleichzeitigen Grippetod in einem Gefangenenlager berichtet. Das eigentümlich leuchtkräftige und zugleich beschattete Kolorit der Erzählung ergibt sich aus der Landschaft um Lübeck, die Stadt Dietrich Buxtehudes und seiner Nachfolger, und aus der Zeit, in der sie spielt: den vier Jahrzehnten um 1900. Aber nicht dieses Kolorit macht den Zauber der Erzählung aus, sondern neben der wesentlichen Zeichnung des immerwiederkehrend Menschlichen in den Hauptund überzeugend lebensvollen Nebengestalten das reine Durchklungensein von einer Musik, aus der das Konzert Nr. 3 in d-moll von Johann Sebastian Bach, der Zwiegesang seliger Geister, sich in höchst kunstvoll durchgeführter Weise als Leitmotiv von Unheil, Liebe und Gnade hervorhebt.
Zwischen dem„Heilsamen Umweg“ und dem„Zwiegesang seliger Geister“ steht die Novelle„Die schmale Brücke“(1941), ursprünglich treffender„Der Schicksalswürdige“ betitelt. Drei dem Alter nach reife Menschen, der Rektor Peter Hansen, ein Mann der kräftigen inneren Ordnung, die sich auch in der Gefahr bewährt, sein„Jugendfeind“ von der Präparandenzeit her, Werner Hagemann, selbstgefällig schillernden, unfruchtbaren Wesens, und die Lehrerin Ursula Wüstenhagen treffen zu unausweichlichem Verhängnis aufeinander. In der kunstvollen Ver- und Entflechtung von Schein und Sein, von Natur und Unnatur, von bewußten und tiefer eingegebenen Motiven und in
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