Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1958) Gedichte
Entstehung
Seite
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der ungemeinen Verdichtung der Atmosphäre spannend drük­kender Sommertage in einem Ort der Ostseeküste liegt der eigen­tümliche Reiz dieser Novelle.

Ein anderes Meisterstück niederdeutscher Erzählkunst ist Peters RomanDie dröge Trina(1946). Das Epithetonnie­derdeutsch ist hier in einem ganz ungewöhnlichen Sinne zu ver­stehen. Der Dichter sagt in einemNachwort für geneigte Leser und Leserinnen, die nicht das Glück haben, in Baasdorf geboren und aufgewachsen zu sein:Die Geschichte von der drögen Trina hätte eigentlich plattdeutsch erzählt werden müssen. Ei­gens für euch hat sich der Erzähler die Mühe gemacht, sie bei währendem Schreiben ins Hochdeutsche zu übertragen. Wenn Peters in seinem EssayFormelhaftigkeit, ein Wesenszug des Plattdeutschen vor dem Aufenthalt imGrenzgürtel der Sprachbezirke warnt, so widerspricht das nur scheinbar einer solchenÜbertragung, in der durch das Hochdeutsche der nie­derdeutsche Sprachklang hindurchtönt, ja die direkte Rede platt­deutsch bleibt, sich als unübertragbar erweist. In Wirklichkeit gelingt es dem Erzähler,das Reich der Formel, des Sprachzau­bers, den seelenhaften Urgrund der Sprache, den er im Platt­deutschen erkennt, zu vereinigen mit derUnendlichkeit des Geistes, die das Hochdeutsche öffnet. Plattdeutsch ist Peters Muttersprache, in der gedruckte und bedeutende ungedruckte Dichtungen von ihm vorliegen. Aber in dem RomanDie dröge Trina weitet sich das Niederdeutsche ins Hochdeutsche hinein durch eine Intensität des Dichterischen, das in seiner Art Ele­mente enthält, vereinigt und vergegenwärtigt, die sich teils bei Jeremias Gotthelf, teils bei Wilhelm Raabe und teils auch bei Theodor Storm finden. Wer aber daraus und aus dem Umstand, daß auch in diesem Roman die Jahrzehnte vor und nach 1900 den Hintergrund bilden, den Schluß zöge, die Welt und der Stil des Dichters seien mehr dem ı9. Jahrhundert als dem unseren zugewendet, bliebe an der Oberfläche. Einer Gestalt wie der drögen Trina, die, wie der Bauer sagt,zeitlebens trocken steht, weil sie rechnet und rafft und sich sowohl dem Weinen als auch dem Lachen verschließt, statt sich hinzugeben und damit zu er­füllen, können wir bei Cervantes und Shakespeare in entspre­chenden Abwandlungen ebensowohl begegnen wie bei Knut

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