TIEFER SOMMER
Nun spiel ich wieder mit dem Sommerwinde, der weich durch Roggenfeld und Wiesen geht, in dem ich neu die alten Düfte finde
von frischem Heu, das schon in Diemen steht, von Geißblatt und Holunder, Hagerosen,
die in Verschwendung blühn am hohen Knick. Und dieser Himmel! In dem wolkenlosen, dem abgrundtiefen Blau ertrinkt mein Blick.
Daß ich so lang im Traum gelegen habe!
Ich war wohl müdgespielt, ich schlief und schlief. Es war doch gestern, als, ein brauner Knabe,
ich barfuß in den Sommerwegen lief?
Ich seh die Spur noch, die die Füße drücken,
es spüren meine Sohlen noch den Brand,
und lustig quillt durch alle Zehenlücken
der rinnende, der heiße, weiße Sand.
Ein blumig Band, so läuft der Rand der Wege. Gilbweiderich steht hoch und Jakobskraut. Dem Kaisermantel, trunken, sommerträge,
ist eine schöne Schaukel aufgebaut
in Baldrianen, die die Blüten wiegen
im linden Wind. Ein Bläuling spielt im Staub. Schwermütige, schwarz-weiße Falter fliegen
in ruhiger Bahn um dunkles Eichenlaub.
So manches Jahr soll ich gesehen haben?
Nun kommt heran, gebt meinem Blick euch dar, nennt eure Namen, weist mir eure Gaben,
sagt an, was einst Vermächtnis an mich war!
Da schickt ein jedes der vergangnen Jahre
als Sprecher einen solchen Sommertag,
daß wohl mein Leben eine wunderbare
Kette von schönen Tagen scheinen mag.
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