Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1958) Gedichte
Entstehung
Seite
52
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AKAZIE

Des Südens Kind verharrt im Zagen, wenn andre Bäume mit Vertraun, weit in den Frühling aufgeschlagen, ihr Laub und ihre Blüten tragen

wie Augen, die in Fülle schaun.

Dem fröstelnden, dem fremden Kinde erscheint der Lenz noch kalt und karg. Leis löst es erst die Knospenbinde

und steht am Weg wie eine Blinde

in einer dunklen Welt voll Arg.

Das erste Laub, vielfach gefiedert,

ist einer Blinden Hand, die klagt,

die rührend-schmal und feingegliedert, angstbebend, immer unerwidert

mit dem Getast ins Fremde fragt.

Kastanie, Rotdorn! Räume schwinden,

und derber Wuchs stößt laut ins Horn. Drängt nicht, habt acht der stillen Blinden, die fürchtet, keinen Raum zu finden!

Blüh nicht so lärmend, roter Dorn!